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Studie zeigt, dass nanostrukturierte Keramikbeschichtungen nicht ermüden

Oct 01, 2023Oct 01, 2023

17. November 2022

von der Technischen Universität Wien

Extrem dünne Keramikbeschichtungen können die Eigenschaften technischer Bauteile völlig verändern. Beschichtungen werden beispielsweise eingesetzt, um die Widerstandsfähigkeit von Metallen gegenüber Hitze oder Korrosion zu erhöhen. Beschichtungsverfahren spielen sowohl für große Turbinenschaufeln als auch für extrem beanspruchte Werkzeuge in der Produktionstechnik eine Rolle.

Die TU Wien hat nun untersucht, was die Stabilität solcher Beschichtungen bestimmt. Und die Ergebnisse, die zum Teil am DESY-Synchrotron in Hamburg gewonnen wurden, sind durchaus überraschend: Die Keramikschichten zerfallen auf ganz andere Weise als Metalle. Materialermüdung spielt kaum eine Rolle; Ausschlaggebend ist die Intensität extremer Belastungsspitzen (der sogenannte Spannungsintensitätsfaktor). Diese Erkenntnis wird die Methode zur Messung des Widerstands dünner Schichten in Zukunft verändern und weiter verbessern.

Die Studie ist in Acta Materialia veröffentlicht.

„In vielen Anwendungen stellen periodische Belastungen ein großes Problem dar“, sagt Prof. Helmut Riedl, Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Oberflächen- und Beschichtungstechnik am Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik der TU Wien. „Wenn man Metallteile immer wieder einer bestimmten Kraft aussetzt, entstehen Veränderungen im mikroskopischen Maßstab.“ Einzelne Atome können sich verschieben, es bilden sich Schichten, die aneinander vorbeigleiten können, es können winzige Risse entstehen, die letztlich zum Bruch des gesamten Bauteils führen. Solche Materialermüdungseffekte sind in der Technik allgegenwärtig und gut untersucht.

Was jedoch mit dünnen Schichten unter Belastung passiert, ist weniger klar. „Keramische Beschichtungen sind oft nur wenige Nanometer bis 10 µm dick, ihr Verhalten ist völlig anders als das einer massiven Keramik“, sagt Lukas Zauner, der in der Forschungsgruppe Angewandte Oberflächen- und Beschichtungstechnik an seiner Dissertation arbeitet.

Um dieses Verhalten möglichst tiefgreifend zu verstehen, wurden an der TU Wien völlig neue Messmethoden entwickelt: Anstatt wie üblich Metall und Keramikbeschichtung gemeinsam zu testen, verzichtete das Team auf das Metall und stellte extrem dünne Proben verschiedener typischerweise verwendeter Keramikmaterialien her in Dünnschichttechnik hergestellt und in genau definierter Weise unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt – und das immer wieder, bis zu zehn Millionen Mal.

Um genau herauszufinden, ob sich dadurch die atomare Struktur der Keramik verändert, brachte das Team den Versuchsaufbau nach Hamburg: Dort steht am DESY-Synchrotron extrem gut fokussierte Röntgenstrahlung zur Verfügung, mit der untersucht werden kann verschiedene Punkte der Probe während des Belastungsexperiments. Selbst kleinste Veränderungen in der Kristallstruktur oder im Abstand benachbarter Atome sollen auf diese Weise nachweisbar sein.

Doch überraschenderweise zeigten diese Messungen: Die Keramik verändert sich praktisch nicht. Selbst Millionen von Lastwechseln führen nicht zu einer Materialermüdung. „Standardkeramiken würden nach bestimmten Mustern ermüden, ähnlich wie wir sie von Metallen kennen. Diese extrem dünnen Schichten zeigen dieses Verhalten jedoch nicht“, sagt Helmut Riedl. „Ihre Mikrostruktur ist am Ende die gleiche wie am Anfang.“

Das heißt, die Haltbarkeit der dünnen Schichten wird ausschließlich von ihrer Bruchzähigkeit bestimmt: Überschreitet man eine für das Material charakteristische Belastungsgrenze, dann wird die Schicht zerstört – schlagartig und irreversibel. Alle Belastungen unterhalb dieser Grenze stellen jedoch kein Problem dar, sie altern die Keramikschicht nicht, sie haben praktisch keine Auswirkung.

„Damit ändert sich natürlich auch die Strategie, wie Forschungsprojekte für neue, verbesserte keramische Beschichtungsmaterialien gestaltet werden“, sagt Helmut Riedl. „Man muss keine langwierigen Langzeittests machen, es reicht aus, durch einen einfachen Belastungstest herauszufinden, welches Material bei welcher Kraft bricht. Man muss sich keine Gedanken darüber machen, wie man Ermüdungserscheinungen im Material eventuell abmildern kann.“ Es geht lediglich darum, Materialien mit möglichst hoher Bruchzähigkeit zu finden – auch das allein ist keine einfache Aufgabe.“

Dafür konnte das Team bereits einen hervorragenden Kandidaten finden: Eine bestimmte Form von Chromdiborid erwies sich in den Tests als überraschend resistent. Dies ebnet den Weg für zukünftige, vielversprechende Forschung mit großem Erfolg.

Mehr Informationen: L. Zauner et al, Beurteilung der Bruch- und Ermüdungsbeständigkeit nanostrukturierter Dünnfilme, Acta Materialia (2022). DOI: 10.1016/j.actamat.2022.118260

Zeitschrifteninformationen:Zeitschrift für Materialien

Zur Verfügung gestellt von der Technischen Universität Wien

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